sputnic - visual artsApril 20th, 2017 Videoszenografie

Charlotte Salomon

Eine Oper am Theater Bielefeld Theater Bielefeld, 2016

INHALT

Oper in zwei Akten mit einem Vorspiel und einem Nachwort // Libretto von Barbara Honigmann nach Leben? Oder Theater? von Charlotte Salomon // In deutscher und französischer Sprache mit deutschen Übertexten

Zuerst verweigerte man ihr die Wahrheit, dann den verdienten Preis an der Kunstakademie und schließlich gar das Leben – und das ihres ungeborenen Kindes. Charlotte Salomon war eine aufstrebende junge Malerin, als sie  vor den Nazis aus ihrer Heimatstadt Berlin fliehen musste. Im nur scheinbar idyllischen Südfrankreich pflegte sie ihre Großeltern, litt um ihre verlorene Liebe und drohte zu verzweifeln, bis ein befreundeter Arzt ihr die Kunst als Medizin empfahl: »Du musst malen!« Und das tat sie. Heraus kam ein wahrhaft »kunstvolles« Drehbuch, zusammengefügt aus Gouachen, Regieanweisungen, Personenbeschreibungen und gedachter Filmmusik. Der Inhalt? Ihr bisheriges Leben. Mit allen Höhen und Tiefen, die ein junges Mädchen im Berlin der Goldenen Zwanziger durchlebt, bis hin zur ersten großen fatalen Liebe. Der Titel: Leben? Oder Theater? Ein Singespiel, dessen »3-D-Fassung« sich der französische Komponist Marc-André Dalbavie angelegen sein ließ und ein bewegendes Musiktheater mit enormer Fallhöhe daraus formte.

Dazu kommen noch auf einen Gazevorhang zwischen Bühne und Publikum projizierte Videos, die zum Teil live gefilmt werden, zum Teil vorproduziert sind. Dadurch entstehen gleichzeitige Aktionen, Mehrdimensionalität, Albtraumbilder, Einblicke in Seelenzustände, eine Reflexion des Erinnerns in ihrer Unkontrolliertheit, auch ihrem Chaos. Eine virtuose Arbeit von Malte Jehmlich, die Bilder erwachen zum Leben wie in einer grandiosen Graphic Novel.

Stefan Keim, Nachtkritik

Portalweit auf Gazevorhänge projizierte Motive aus dem «Singespiel»-Tagebuch tragen ein Übriges dazu bei, dass hier eine eigene Wirklichkeit entsteht, gleichsam das Wesen des Kopfkinos der Künstlerin Charlotte Salomon sichtbar wird. In einem Raum, der als dreidimensionale graphic novel zu fluoreszieren scheint, so virtuos sind die multimedialen Elemente verblendet.

Opernwelt

CREDITS

Inszenierung Mizgin Bilmen
Musikalische Leitung
Alexander Kalajdzic
Video sputnic (Malte Jehmlich)
Bühne Cleo Niemeyer
Kostüme Alexander Djurkov Hotter
Dramaturgie Jón Philipp von Linden
Fotos Bettina Stöß