Die verkaufte Braut
In der Version des Regisseurs Martin G. Berger hat das (fiktive) Unternehmen »prolocal« sämtliche Vorstellungen der »Verkauften Braut« erworben und darf diese nun für seine obskuren propagandistischen Zwecke nutzen. Die Firma »prolocal« vertreibt nämlich Gefühle, und hier insbesondere eines, wonach sich mancher im Zuge der Globalisierung immer stärker zu sehnen scheint: das Heimatgefühl.
sputnic entwickelte dazu eine unfangreiche mediale Szenografie in Form einer schrecklich- schönen Markeninszienurung, die bereits im Vorfeld der Premiere als gezielte Irritation zum Einsatz kam. Durch eine Bespielung des gesamten Foyers zum Einlaß und während der Pausen setzte sich diese Inszenierung fort – Totaltheater mit den Mitteln des Marketings.
So klug und unglaublich unterhaltsam. ... Das war das beste, das ich je an einem Opernhaus gesehen habe.
Wähnt sich das Publikum in Bergers Inszenierung zunächst auf einer jener ebenso banalen wie heimtückisch unterhaltsamen Hochzeitsshows aus dem Privatfernsehen – denn neben der Heimat reklamiert »prolocal« selbstverständlich auch weitere bürgerliche Werte wie Gemeinschaftsgefühl und Ehe für sich –, so wird es allmählich Zeuge, wie die beiden Hauptfiguren der Oper, Hans und Marie, gegen dieses Konzept aufbegehren, da sie sich von niemandem ihr persönliches Glück vorschreiben lassen wollen und können. Martin Berger wahrt die Grundsituation von Smetanas Oper und zeigt ein Paar, dass sich erfolgreich gegen einen überkommenen Regelkanon wehrt, der Individualität und Privatsphäre letztlich negiert – und übersetzt so »Die verkaufte Braut« sinnfällig in die Gegenwart.
Trailer: Staatsoper Hannover
Credits
Musikalische Leitung Benjamin Reiners
Inszenierung Martin G. Berger
Bühne Florian Parbs Kostüme Sabine Hartzsch
Mediale Szenografie und Video sputnic
Filmproduktion und Live-Kamera Anna-Sophia Leist /Sirish Uterhark
Choreographie Mathias Brühlmann
Fotos: Thomas M. Jauk